Grabstein Stifter Bauer

Ernst Bauer, der Stifter (1896-1973)

Das Wohngebiet Eselsberg in Schwaigern wird überragt von dem 30 m hohen Wasserturm. Von manchen Plätzen aus hat man trotz der dichten Bebauung einen Ausblick auf die Kernstadt und darüber hinaus, über die Bahnlinie hinweg, auf den bewaldeten Heuchelbergrücken. Kaum vorstellbar für den heutigen Beobachter, dass in der Vorkriegszeit dort kein Haus stand – mit einer einzigen Ausnahme: das Landhaus Bauer, weithin sichtbar. Heute total abgeschirmt durch dichten Baumbestand auf allen Seiten, ist es selbst aus der Nähe nicht mehr zu erkennen.

Etwas Besonderes muss es damals schon gewesen sein: Schon vom Bauplatz her, außerhalb des Ortsetters erbaut in den Jahren 1937/1938 nach dem Vorbild der Garnisonshäuser der Solitüde in Stuttgart. So eigenwillig wie der Stil des Hauses, so auch die Person des Bauherrn Ernst Bauer.

Dieser, geboren am 22. März 1896 als Sohn der Luise Zundel und aufgewachsen auf einem Bauernhof in der Frizstraße in Schwaigern, muss ein ausgesprochen guter Schüler gewesen sein. Sein Lehrer überzeugte seine Angehörigen davon, ihn in eine weiterführende Schule zu schicken und er besuchte ein Gymnasium in Heilbronn.

Seine Mutter musste arbeiten und ging dazu „in Stellung“ nach Ludwigsburg. Dort lernte sie Christian Bauer kennen. Sie heirateten und Ernst wurde in die Familie aufgenommen und erhielt den Namen „Bauer“.

Nach der Schulzeit erlernte er den Beruf des Büchsenmachers. Sein Gesellenstück war eine kleine geschmiedete Truhe, die sich heute noch im Besitz seiner Enkelin befindet.

Allzulang scheint er aber diesen Beruf nicht ausgeübt zu haben. Er wandte sich einer kaufmännischen Tätigkeit zu und brachte es, um es kurz darzustellen, durch großen Ehrgeiz, ungeheuren Fleiß, Energie, Ausdauer und kaufmännisches Verhandlungsgeschick zum Generalvertreter der Firma MAN für Württemberg und Baden in der Sparte LKW mit Sitz in Stuttgart. Er, ein „self-made-man“, ein talentierter Verkäufer, baute eine umfangreiche Agentur auf mit vielen Vertretern und brachte es so zu einem großen Vermögen.

Sein Wunsch war es immer, nach Schwaigern zurück zu ziehen und so entschloss er sich, das schon erwähnte Landhaus in Schwaigern zu bauen. Inzwischen verheiratet, mit Wohnsitz in Stuttgart, war dies ein Glücksfall, denn ihr Stuttgarter Haus wurde bei einem der ersten Bombenangriffe zerstört.

Einige Jahre zurück: Mitte der 1930er Jahre beauftragte er den Stuttgarter Künstler Erich Zeyer, eine Gemälde-Trilogie zu schaffen, die die Arbeit der bäuerlichen Bevölkerung darstellen sollte. Dies geschah, ganz im Stil der Blut und Boden-Ideologie jener Zeit. Diese drei Bilder, jedes ein Monstrum von über zwei Metern Höhe und einer Breite von bis zu sechs Metern, wurde im früheren Bürgersaal des Rathauses aufgehängt. In den Wirren der Nachkriegszeit verschollen, in den 1960er Jahren wieder aufgetaucht, wurden sie 2004 in einer Ausstellung des Heimatvereins in der Stadtkelter präsentiert und sind inzwischen gut aufgehoben.  

Schwaigern 1938 Gemälde-Trilogie von Ernst Zeyer

 Sein Anliegen, das Ortsbild Schwaigerns freundlicher zu gestalten, mag ihn dazu bewogen haben, im Mai 1934 beim Bürgermeisteramt anzufragen, ob die Gemeinde Interesse daran habe, auf dem nach seinem Empfinden kahlen Marktplatz einen Brunnen errichten zu lassen. Wasser war genügend unterirdisch vorhanden, denn vor der Einrichtung der Wasserleitung 1907 waren Dutzende städtische und private Brunnen vorhanden gewesen, die aber in den folgenden Jahren vernachlässigt, zugemauert oder zugeschüttet worden sind, jedoch zum Teil noch erhalten geblieben waren. Die wassertechnischen Probleme waren zu lösen, die Baugenehmigung vorhanden. Ein Wettbewerb wurde ausgeschrieben, das nötige Preisgericht war zusammengestellt, aber bei der Verwirklichung ergaben sich erhebliche Schwierigkeiten, da sich der Gaukulturwart der NSDAP übergangen fühlte. Dann schaltete sich noch die „Reichskammer der bildenden Künste“ ein und der Kreiskulturwart meldete sich als weiterer Aufpasser. Aber schließlich konnte der Wettbewerb dann doch noch über die Bühne gehen und das Preisgericht erkannte dem Stuttgarter Architekten H.W. Brellochs den ersten Preis zu.

 

 Am 5. Mai 1935 wurde der Brunnen feierlich der Öffentlichkeit übergeben. Die Einweihungsfeier war schlicht, aber sehr ansprechend, so berichtete der „Leintal– und Neckarbote“.

Der Stifter des Brunnens wollte aber selbst bei der Einweihungsfeier sein Inkognito nicht lüften, obwohl dies längst bekannt war.

Ein gutes Jahrzehnt später, nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, war durchgesickert, dass die Glocken der Schwaigerner Stadtkirche, die wie überall als Material für die Kriegsrüstung eingezogen, aber nicht eingeschmolzen worden waren und mit Hunderten anderen in Lünen in Westfalen lagerten. Ernst Bauer, der zwar noch als Kriegsgefangener in der britischen Besatzungszone war, aber als Arbeitsleiter einer „Transport Service Group“ in Bünde in Westfalen tätig war, wurde gebeten, die Glockenfreigabe und den Rücktransport in die Wege zu leiten. Was hier in einfachen Worten dargestellt wird, lässt nicht erkennen, mit welchen enormen Schwierigkeiten er unter den damaligen Nachkriegsverhältnissen zu kämpfen hatte. Es soll nur daran erinnert werden, dass Schwaigern zur amerikanischen Besatzungszone gehörte, Westfalen aber zur britischen Zone. Wer Ernst Bauer noch gekannt hat, weiß mit welchem Verhandlungsgeschick und mit welcher Hartnäckigkeit und Zähigkeit er vorgehen konnte, um sein Ziel zu erreichen. Kurz: Ende April 1947 tut sich Entscheidendes. Er organisiert, nunmehr von Schwaigern aus, die Verladung und den Transport der Glocken auf dem Schienenweg, nachdem man vorher den Transport auf dem Wasserweg ins Auge gefasst hatte.

Am 5. Mai 1947 konnten die beiden Glocken in der Heimat festlich begrüßt werden.

Dass er auch auf kirchlichem Gebiet tätig wurde, bewies er, äußerlich erkennbar daran, dass er sich zur Wahl in den evangelischen Kirchengemeinderat zur Verfügung stellte. Dort war er von 1959 bis 1971 tätig und konnte seine Erfahrung—nicht nur auf kaufmännischem Gebiet— einbringen.

Das Wort „Ruhestand“ war ihm wohl gänzlich fremd. Aber in seinen letzten Jahren musste er nicht mehr täglich nach Stuttgart fahren.

Er starb am 23. November 1973 und ist auf dem Friedhof in Schwaigern begraben.

Autor: Werner Clement

Quellennachweis
Schriftliche Nachricht von Dr. Iris Schnaufer-Arens

In  der Nachkriegszeit fanden neben dem Marktplatzbrunnen  Platzkonzerte der Stadtkapelle statt.

So erfüllte sich der Wunsch von Ernst Bauer, den Marktplatz mit dem Brunnen zum attraktiven Mittelpunkt der Stadt zu machen.

Kurze Zeit spendete der Brunnen nicht nur Wasser, sondern auch Weißwein und Rotwein. Was sich wie ein biblisches Wunder anhört, war eine gemeinsame, kurzzeitige Aktion von Stadt und Genossenschaftskellerei.
Der immer stärker zunehmende Verkehr machte solche Aktionen nach und nach unmöglich. So bestand die Gefahr, dass der Marktplatz mit seinem Brunnen seine Funktion als zentraler Mittelpunkt der Stadt verliert. 

 Zudem setzte der heftige Verkehr über den Marktplatz mit seinen Abgasen dem Sandstein des Brunnens mit der Zeit doch heftig zu.

Der Handels– und Gewerbeverein, für den die Verschönerung des Ortbildes, wie einst für Ernst Bauer,  ein elementares Ziel ist, hat 2019 den Brunnen mit Spenden seiner Mitglieder saniert.

Aus der ehemaligen Metzgerei und Wirtschaft Boger wurde schon lange ein italienisches Eiscafé und an schönen Tagen kann man sich heute rund um den Brunnen ein Eis schmecken lassen.