
Unmittelbar neben dem Gedenkstein der Maria Augusta Haab erhebt sich ein völlig anderer, fast hundert Jahre älterer Stein. Die unteren zwei Drittel mit der inhaltsreichen Inschrift sind recht gut erhalten, wenn auch die Schrift nicht mehr so ohne weiteres zu lesen ist. Man muss schon einige Tricks anwenden, um mit Hilfe von Licht- und Schattenwirkung einzelne Buchstaben und Wörter zusammenzubringen und darf nicht allzu sehr darauf spekulieren, wie dieses oder jenes Wort heißen könnte. Die eigene Phantasie kann einem da auch einen Streich spielen; man muss sich schon in die damalige Ausdrucks- und auch Schreibweise hineindenken können. Und gerade in jenem Jahrhundert war es üblich, sehr umständlich, langatmig, für heutige Begriffe sogar schwülstig zu formulieren. Und so wie die Sprache jeder Epoche ihre Eigenheiten hat, so wie die Kunst jedes Zeitalters ihren besonderen Stil pflegt – wir sehen das ja deutlich an den Baustilen – so prägt sich das auch auf den Grabsteinen aus. Nicht nur in der Formulierung der Texte, sondern besonders auch in der Gestaltung. Im oberen Drittel dieses Steins erleben wir die ganze Fülle barocker Darstellung: den geschwungenen Abschluss, den Wappenschild, als Schildhalter die beiden rundlichen Putten, darunter die Umrahmung der Inschrift, die pausbackigen Engelsköpfchen.

Der Text:
Mein Wandersmann Bitt das dich dieser Steine die Sterbkunst Lehren kann Hier ruhen meiner Liebsten beine die selbe war weyland Maria Johanna gebohrne Bogerin gebor. d. 7. Sept. 1724 und gest. d. 12. April 1745 ach meine Lust im Ehestand ging allzu früh dahin doch ist gott auch mein bester Tröster Ihr Letztes Wort Erlöse ist erhört bey ihrer Mutter ruht Sie ungestört der Vatter und 2 Kinder ihrer Schwester umschliessen sie Gott hat es wohlgemacht die kame nun zu denen Himmels Freuden doch kann der Tod nicht unser Liebe scheiden schlaf Wohl mein Schatz ach gutte nacht
Franc Ignat. Bader HOHGR. NEIPP. ARCHITEC
Der Ignatius Bader war der Ehemann der Verstorbenen. Er war katholisch und hatte seine evangelische Frau kurz vor der Geburt ihres gemeinsamen Kindes geheiratet. Nach knapp zweimonatiger Ehe starb die Frau, nachdem das Kind wenige Tage vorher schon gestorben war. Grabsteine nennen meist nur Lebensdaten – aber welche Schicksale verbergen sich doch oft dahinter!

